TRAVEL-DREAMS

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Große Persien-Rundreise

von 10.05.1996 bis 29.05.1996

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3. Tag: Qom - wo die Mullhas studieren

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Von unserem Camp fuhren wir in Richtung Süden aus der Stadt. An einem der Wohnhäuser entdeckten wir ein riesiges Wandbild, das einen der Führer der Revolution dastellt. Wenn ich mich recht erinnere soll es Scheich Faslallah sein. Bereits kurz hinter der Stadtgrenze beginnt es trockener zu werden.

Durch die erste Wüste

In der Wüstenregion Kusk-e Nosrat entdeckten wir noch ein winziges Bächlein, das von einem Regenguß am Vortag gefüllt wurde. Eigentlich sind die Wüsten im Iran keine Wüsten wie man sich das landläufig so vorstellt. Es sind in der Hauptsache Steinwüsten, die mit niedrigen Büschen bewachsen sind, oder Salzwüsten, die besonders gefährlich sind, weil die Oberfläche durch die Hitze verkrustet eine Wüstenblumeist, man aber im Schlamm versinken kann, wenn man einbricht. Wenn man in der Wüste kurze Zeit sucht, kann man Blumen mit wunderschönen Blüten sehen und eine ganze Menge Tiere, hauptsächlich Insekten. So Lebensfeindlich ist es garnicht, außer man hat kein Wasser mehr.

Eine Wüstenblume
Eine Wüstenblume

Schon auf der Fahrt nach Qom beschwor uns unser Reiseleiter, der Rainer, wir kämen jetzt in eine kritische Stadt, hier würde die gesamte Führungselite des Iran ausgebildet. Wir sollten keine zu großen, auffälligen Gruppen bilden, uns still verhalten, unter keinen Umständen einen Mullah fotografieren und uns wenn möglich völlig unsichtbar machen. Schöne Aussichten waren das. Wie soll man eine Stadt und ihre Kunstwerke besichtigen, wenn man sich kaum bewegen darf.

In Qom

Als wir dann auf die Stadt zufuhren und schon von weitem die prächtigen Kuppeln der Moschee der Fatima (Masjed-e Azam) sahen, war ich überwältigt. Die goldfrabene Kuppel glänzte herrlich im Sonnenlicht.

Wir parkten am Ufer eines ausgetrockneten Flusses, und machten uns auf den Weg zur Grabmoschee. Da merkte ich, daß ich vergessen hatte, mir Socken anzuziehen, es war ja auch ausreichend heiß. Also, um nicht aufzufallen, mußten Socken her. Zum Glück gibt es überall Händler, die alles mögliche verkaufen und so besorgte ich mit weiße Sochen, die 30 Rial (ca. 0,30 DM) kosteten und bis heute gehalten haben.

Grabmal der Fatima in Qom
Grabmal der Fatima in Qom

Das Straßenbild von Qom ist geprägt von Mullahs und Studenten (die ähnlich gekleidet sind) und so dachten wir erst, nur nicht auffallen. Wir besichtigten den großen Platz vor der Grabmoschhe der Fatima. Fatima war die Schwester von Emam Reza, den 8. Imam der Shiiten, und starb hier, nachdem sie in der Kleinstadt Save krank wurde und gerade noch Qom erreichen konnte. Die über ihrem Grab errichtete Moschee wurde ein bedeutendes Pilgerziel. Qom ist nach Maschad die zweitwichtigste heilige Stadt der Shiiten im Iran.

Qom, das etwa 140 km südlich von Teheran liegt, ist die wichtigste Ausbildungsstätte für Geistliche im Iran. Die Universität wird vom Staat kräftig unterstützt. Der bekannteste Student und Theologe war der spätere Staatspräsident Imam Ajatollah Khomeini, der von hier aus den Kampf gegen das Shah-Regime begann.

Qom ist nach Mashad der wichtigste Pilgerort im Iran. Wann Qom gegründet wurde ist nicht feststellbar, wurde aber im Jahr 816 zum Pilgerort, als Fatima Masumeh, die Tochter des siebten Imam auf ihrer Reise nach Tus zu ihrem Bruder erkrankte und hier starb.

Die Fatima-Moschee

Die Stadt wurde 1221 von den Mongolen zerstört. Im 16. Jahrhundert erblühte die Stadt von neuem als Pilgerort. Das Grabmal der Fatima Masumeh ist ein großer Komplex, umgeben von hohen Ziegelmauern. Die goldene Kuppel über der Grabkammer ist aus 12.000 Goldplättchen hergestellt und 32 m hoch.

Fatima Moschee
Fatima Moschee

Und so standen wir da auf diesem Platz und Rainer erklärte und was es hier zu sehen gab. Leider konnten wir nicht in die Moschee hinein, zum einen weil es ein wichtiges Heiligtum ist, zum anderen war die Zeit des Ashura-Festes, das für die Shiiten außerordentlich wichtig ist. Dazu aber später mehr, wenn wir nach Teheran zurückkehren. Da kam Tari plötzlich zu uns und meinte, ich und drei oder vier andere könnten zumindest vom Tor aus einen Blick in den Innenhof werfen, er hätte mit den Wächtern gesprochen. Gesagt getan, wir gingen zum Eingang. Es war ein umwerfender Anblick. Schon allein der Innenhof war pächtig ausgestalltet. Wir konnten den Eingangsiwan zur Grabkammer sehen, der aus massenhaft Spiegel hergestellt war. Und dann tauchte auch schon Rainer auf und scheuchte uns weg, er hatte sichtlich Bedenken, damit wir keine Schwierigkeiten bekamen.

Die Begegnung mit den Mullahs

Als wir den offiziellen Besichtigungsteilabgeschlossen hatten, konnten wir uns doch noch umsehen. Wir lösten uns in kleine Gruppen auf und verstreuten uns. Einige der Damen besorgten sich im Basar noch einen Tschador, da sie von zu Hause die falsche Kleidung mitgebracht hatten. Ich ging mit Ernst auch erst mal zum Basar. Und weil wir ja in einer Pilgerstadt waren, kaufte ich mir eine Pilgerkappe, ein aus schwarzer Wolle gestrickes Mützchen. Die war garnicht schlecht, sie schütze vor allzu großer Sonnenstrahlung. Wir gingen weiter Richtung Wohngebiete, und kauften uns an einem Obststand ein paar Orangen. Da standen auch ein paar Iraner und zwei Mullahs. Wir benahmen uns ganz artig und grüßten mit einem freundlichen 'Salam'. Das wurde erwidert und sogleich kam die Frage, wo wir denn her kommen. Als wir sagten, wir sind aus 'Almani', Deutschland, erlebten wir eine Überraschung. "Ahh, Almani, gut, Almani gut" und dann wollten sie, daß wir sie gleich fotografieren.

Begegnung mit Einheimischen
Begegnung mit Einheimischen

Einer der Männer konnte ein wenig Englisch und wir mußten erzählen was wir im Iran noch alles unternehmen wollen. Damit hatten wir nicht gerechnet, nach allem, was uns Rainer erzählt hat und was wir in Deutschland aus den Medien wußten. Nach einiger Zeit gingen wir weiter, durch kleine Gassen, an einem Schuster und einem FriseurBegegnung mit den Mullahs vorbei, den Ernst gerade fotografieren wollte, als einer der beiden Mullahs von vorhin wieder auftauchte. Er konnte nicht Englisch, gab mir aber zu verstehen, daß ich ihm folgen sollte. Also gingen wir hinter ihm her. Er verschwand in einem Hauseingang und winkte uns, daß wir nachkommen sollten. Da wurde uns dann doch ein wenig mulmig, aber als ein weiterer Mullah kam, der uns dann erklärte, daß hier eine Koranschule sei und wir willkommen seien, gingen wir doch hinen. Durch das Eingangstor kamen wir in einen einfachen Innenhof, von dem aus einige Räume erreichbar waren. Es wurde uns angedeutet, daß in den Räumen die einzelnen Klassen unterschiedlichen Alters von Ihren Lehrern unterrichtet werden. Wir konnten uns alles genau anschauen, die Mullahs waren sehr freundlich und als wir und verabschiedeten, war das Bild, das ich aus den westlichen Medien kannte völlig über den Haufen geworfen.

Rainer erzählten wir zunächst natürlich nichts von unserer Begegnung. Nach dem Mittagessen hatten wir noch ein wenig Zeit und beim herumschlendern in der Stadt besuchten wir noch eher zufällig einen 'Heldenfriedhof', wo Opfer des Iran-Irak Krieges beigesetzt sind. Auch hier konnten wir uns völlig frei bewegen und keiner der Anwesender Geistlichen beachtete uns. Am frühen Nachmittag machten wir uns dann auf den Weg nach Isfahan.

Straßenszene aus Qom
Straßenszene aus Qom

Dieser Aufenthalt in Qom veränderte, wie schon erwähnt, meine Einstellung gegenüber der Iranischen Bevölkerung zum ersten Mal zum positiven. Durch die Berichterstattung in den westlichen Medien gewinnt man den Eindruck, die Mullahs in diesem Land sind nichts weiter als fanatische Monster. Dies mag für einen Teil zutreffen, aber sicher nicht für die Mehrheit der Bevölkerung. Das Erlebnis mit den Mullahs der Koranschule, die ja gerade in Qom besonders scharf sein sollen, beweist dies. Natürlich darf man auch nicht vergessen, was nach der Machtübernahme der Mullahs und zum Teil auch noch heute im Iran geschieht. Es gab tausende von Toten unter der Bevölkerung und Menschenrechte wurden massiv mißachtet. Ganze Volksgruppen wurden vefolgt, wie z.B. die Glaubensgruppe der Bahaj, eine moslemische Sekte, aber von den Shiiten als Nichtgläubige verachtet werden. Nun ja, wie in jeder Religion werden die Grundlagen des Glaubens, die Urschriften, wie die Bibel oder der Koran, unterschiedlichst ausgelegt. Wenn dabei jedoch die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt, die in allen Religionen enthalten ist, muß das verurteilt werden.

Auf dem Weg nach Isfahan

Auf unserer Fahrt nach Isfahan hatten wir zwei lustige Erlebnisse. Das erste bezog sich auf menschlichen Bedürfnisse, die jeden plagen. Wie man Toilettenhäuschen benutzt, erklärte uns Rainer. Die Damen immer in die linke Tür, die Herren in die rechte. Wenn man das weis, ist man immer richtig, auch wenn man die persischen Schriftzeichen nicht lesen kann. In der Nähe von Deligan war es dann soweit. An einem Kreisverkehr hielten wir an, damit jeder sich erleichtern konnte. Ein Örtchen der besonderen Art wartete da auf uns. Es stand da mittein in der Einöde und war an den Außenwänden mit grünen Bergwiesen, Bächen und Meeresstrand bemalt, was den Druck bei manchem sicher verstärkte. Allen Belehrungen zum Trotz, gingen die Damen durch die falsche Tür. Ein iranischer Lkw-Fahrer, der das stille Örtchen aufsuchen wollte, kam völlig verstört aus der Tür und wußte nicht wie ihm geschah.

Begegnung mit den Schäfern
Begegnung mit den Schäfern

Bei einem Fotostop sahen wir die erste große Schafherde und ich war noch mit dem Fotographieren von Wüstenblumen beschäftigt, als mich Ernst rief. Er hatte mit dem Hirten ein Gespräch begonnen, nicht verbal, sondern mit Gesten, Händen und Füßen. Er fand heraus, daß der Schäfer eine Zigarette wollte und da Ernst nicht raucht, mußte ich eine spendieren. Und so stand er dann rauchend und freundlich lächelnd neben dem Bus und winkte, als wir weiterfuhren.

Gegen Abend kamen wir dann im Hotel Tourist Inn an, wo der Bus für die nächsten zwei Tage stehen blieb.